Mit 50plus ist Krafttraining noch sinnvoll, oder?
Kevin König ist Personal Fitness Trainer und hat sich auf Unternehmer und Unternehmerinnen im Alter 50plus spezialisiert. Lockerer Talk über Krafttraining, das Warum und Wieso und natürlich auch über das Wie. Als Mitgründer der DKKA natürlich auch zum Thema Fitnesstrainer im Studio und deren Ausbildung.
Kevin König erreichst du über seine Homepage: Kevin König – NP-Coaching
Die erwähnte Kraft- und Konditionstrainer Akademie hat ihre Homepage hier: Kraft- und Konditionstrainer Akademie
Für alle „Nichthörenwoller“ habe ich ein Transcript erstellt:
Podcast Transcript:
Du bist nie zu alt um jung zu sein. Der 50 plus und drunter Podcast. Genieße dein Mittelalter stark, glücklich und gesund. Mit Ralf Gabler.
Ralf: Herzlich willkommen beim 50 plus Podcast. Und ich freue mich riesig, heute den Kevin König hier zu haben. Kevin ist ein Personal Fitnesstrainer, kann man so sagen. Gleichzeitig hat er eine Trainer Academy gegründet, ist also trotz jungen Alters richtig dick drin. Also dick meine ich von intensiv im Fitness Bereich.Uund ich freue mich den Kevin hier zu haben. Hallo Kevin.
Kevin: Hallo lieber Ralf, freut mich heute hier sein zu dürfen und auch Hallo an die Zuhörer. Schön, dass du heute eingeschaltet hast. Und ja, ich gebe mein Bestes heute für dich, damit du auch ein bisschen was lernen kannst.
Ralf: Ja super. Ja, Kevin. 50plus Podcast und du als Personal Fitnesstrainer. Was fehlt dir da mehr oder weniger spontan dazu ein? Was gibt es zu wissen beim Thema Training 50plus oder Fitness 50plus?
Kevin: Ja, da gibt es eine ganze Menge. Also ich denke, ich fange einfach damit an, mal kurz ein bisschen darüber zu berichten, was ich in meinen letzten 13 Jahren als Trainer auf den Trainings-Flächen etlicher Studios so gesehen habe. Und wo ich aus heutiger Sicht sagen kann, dass eben das Training, was die Ü50 Personen da durchgeführt haben, mehr so suboptimal gestaltet hat.
Und ganz oft, wenn ich mich mit Personen in dem Segment unterhalte, höre ich ja, ist das Training denn eigentlich gelenkschonend oder wie kann man denn überhaupt gelenkschonend trainieren? Das heißt, da ist immer unterschwellig so eine gewisse Angst dabei, dass, wenn man irgendwie Gewichte bewegt, dass die Gelenke da Schaden nehmen würden. Und da muss ich ganz klar sagen, dass es so nicht der Fall. Unsere Gelenke brauchen Zug und Druck, um überhaupt ernährt werden zu können.
Und das ist ein ganz, ganz wichtiger Bestandteil im Training, dass hier mit ausreichend Gewicht gearbeitet wird, dass die Gelenkstrukturen dann auch genährt werden können. Und zum anderen muss das Training auch ausreichend schwer sein, dass die Muskulatur dann überhaupt einen Reiz bekommt, sich anzupassen und zu verbessern und stärker zu werden.
Also dieses Thema gelenkschonendes Training, das sollte man getrost vergessen und sollte eher den Fokus darauf legen, mit etwas mehr Gewicht zu trainieren. Denn eine einfache Sache, die man sich da merken kann: Unsere Gelenke halten deutlich mehr aus als unsere Muskeln.
Von daher die Kraft, die wir mit den Muskeln aufbringen können, der Druck, der dann in den Gelenken entsteht, ist bei weitem nicht so hoch, als dass wir irgendwas kaputt machen könnten. Von daher sollte man sich auf jeden Fall von diesem Gedanken in ‚gelenkschonend‘ zu trainieren verabschieden. Das ist absolut sinnfrei.
Ralf: Okay, danke. Da ist ja gleich mal der allererste Mythos gecrasht, gleich zu Anfang. Danke für die Aussage. Ist meine Erfahrung hier auch. Es macht den Gelenken nichts wirklich schwer zu trainieren und da auch dran zu gehen. Es ist tatsächlich so, sehe ich für mich mit meinem Hintergrundwissen auch, wie du das so wunderschön gesagt hast. Gelenke brauchen Zug und Druck, um sich ernähren zu können oder auch um letztlich sich regenerieren zu können.
Genial. Vielen Dank, Kevin. Da haben wir gleich schonmal einen riesen Punkt am Anfang. Was hast du sonst noch so an Dingen für die 50plus Zuhörer? Was ist denn hartes Training oder schweres Training für dich? Was würdest du so bezeichnen?
Kevin: Also um die Frage zu beantworten, würde ich raten, sich einfach an der jüngeren Generation zu orientieren, sich mal anzuschauen, wie die trainieren. Denn das Training sollte unabhängig des Alters schwer sein. Was bedeutet jetzt schwer? Schwer heißt, dass man nicht nur im Bereich 15 Wiederholungen plus trainiert. Weil das sind eher Gewichte, die nicht allzu schwer sind in Relation zu dem, was der Körper wirklich bewegen kann oder was die Muskeln wirklich an Leistung bringen können.
Sondern dass man auch mal schaut, dass man sich in Regionen wagt, um die sechs Wiederholungen oder 5, 4, 3. Vielleicht auch mal maximal Kraft zu trainieren und zu schauen, wie ist das Gewicht, also wenn ich so hoch ansetze, dass ich gerade eine Wiederholung damit schaffe. Natürlich in dem Punkt ganz, ganz wichtig, dass man das nur mit Übungen macht, deren Ausführung man auch wirklich gut beherrscht, um da dann dementsprechend Verletzungen zu vermeiden.
Also bei so hohen Gewichten kann es im Worst Case dazu führen, dass man sich verletzt. Aber wenn es eine Übung ist, die man wirklich beherrscht, ist auch hier das Verletzungsrisiko sehr, sehr gering und überschaubar. Und hier ist dann noch mal sinnvoll, wenn man sich noch jemand zweiten mit dazu nimmt, der dann sobald man merkt: Oh, das Gewicht war vielleicht doch ein bisschen zu hoch, da dann dementsprechend unterstützend eingreifen kann, um Verletzungen zu verhindern.
Aber generell sollte das Training hier wirklich schwer gestaltet werden und auch nicht so, dass man beim Beenden des Satzes sich noch denkt: Och, ich hätte jetzt noch mal so 5-7 Wiederholungen machen können. Sondern eher in der Region, dass noch ein bis maximal drei Wiederholungen mit diesem Gewicht möglich gewesen wären. Also dass man versucht, mit dem Gewicht, was man da gerade verwendet, auch bis ans Maximum ungefähr heranzugehen.
Also den Tipp kann ich auf dem Weg mitgeben. Keine Angst vor schweren Gewichten. Und wenn man, egal welches Gewicht man jetzt verwendet, auf jeden Fall versuchen, den Satz so weit zu machen, dass man gerade noch so 1 bis 3 Wiederholungen überhaupt hinbekommt.
Ralf: Hm. Danke. Ja. Also, wenn ich das noch mal kurz aufgreifen darf, es geht ja nicht darum, das gleiche Gewicht zu nehmen für die 15 oder noch mehr Wiederholungen, die dann teilweise gemacht werden. Sondern eben entsprechend, so wie du es auch schön dargestellt hast, am Schluss einfach das Gewicht so zu wählen, dass nur beispielsweise sechs Wiederholungen noch möglich sind.
Das heißt, ich nehme eben dann entsprechend mehr Gewicht auf. Natürlich denke ich mal, wird deine Meinung auch sein, langsam an solche Dinge heranzutasten, also nicht gleich mit maximal Gewichts Test zu machen, sondern einfach langsam darauf hinzuarbeiten.
Kevin: Genau. Also langsam. Kommt dann immer darauf an, wie viel Trainings-Erfahrung man mit sich bringt. Also da kann man dann dementsprechend, auch wenn man 50 plus ist, sehe ich abhängig davon, ob man jetzt einen kompetenten Trainer an der Seite hat oder nicht, dann auch mehr oder weniger schnell daran testen. Weil man jemanden Externes hat, der sieht: Okay, ist jetzt noch mehr drin oder müssen wir hier stoppen oder wie auch immer.
Also wo externe Faktoren noch dann berücksichtigt werden, die man vielleicht, wenn einem diese Erfahrung fehlt, sie nicht beurteilen kann. Also deswegen, wenn man keine Erfahrung in dem Bereich hat und hat auch keine Hilfe von außen, keinen der sich da auskennt, dann sollte man es eher langsam angehen lassen.
Und für, ich sage mal innerhalb einer Trainingseinheit sich in den Gewichten langsam hoch testen und schauen, wie viel Gewicht kann ich heute bewegen, wenn mein Ziel ist, sechs Wiederholungen beispielsweise zu machen.
Oder über die Trainingseinheiten hinweg, dass man sagt, innerhalb der nächsten 4 bis 6 Wochen werde ich jetzt meine Gewichte in dieser einen Übung immer weiter erhöhen, bis ich in Regionen angekommen bin, wo ich die sechs Wiederholungen gerade so sauber dann eben schaffe über mehrere Durchgänge. Also es ist immer abhängig davon, ob man jetzt da schon mehr Erfahrung mitbringt oder jemanden hat, der die Erfahrung hat oder eben nicht.
Ralf: Okay. Also würdest du wahrscheinlich auch dafür plädieren, zumindest für den Einstieg, sich an einen Trainer zu wenden, der im Bereich 50plus so ein bisschen Erfahrung einfach auch hat?
Kevin: Auf jeden Fall. Da sind wir interessanterweise auch gleich beim nächsten Punkt, den ich in den letzten Jahren festgestellt habe, nämlich dass leider in vielen Fitnessstudios Trainer keine Erfahrung haben im Umgang mit Personen, die 50plus sind. Also wie diese richtig zu trainieren sind. Worauf man dabei achten muss. Das ist leider rar gesät.
Und da kann ich auch empfehlen, sich entweder an einen erfahrenen Coach zu wenden, der sich auf diese Zielgruppe spezialisiert hat oder dann in entsprechende Zentren zu gehen, die auch sich auf das Training älterer Personengruppen spezialisiert haben. Also diese beiden Dinge würde ich empfehlen. Denn was ich ganz, ganz oft in der Praxis gesehen habe, in den letzten Jahren oder im letzten Jahrzehnt, ist, dass ältere Trainierende von Trainern verhätschelt werden.
Die werden mit Samthandschuhen angefasst, weil sie Angst haben, bei den Trainierenden was kaputt zu machen, weil sie einfach nicht kompetent genug ausgebildet sind, um eben mit dieser Zielgruppe arbeiten zu können. Das heißt, da werden dann ganz, ganz häufig die Trainierenden am Anfang in irgendwelche Zirkeltraining gesteckt oder in irgendwelche Rücken-Fit-Kurse. Ja, was man in den meisten Fällen, wo man sagen kann, das ist kein richtiges Training. Es ist definitiv besser als gar keinen Sport oder gar keine Bewegung. Aber es hat auch keinen wirklichen Trainingseffekt und das ist eben was, das finde ich dann eben sehr schade.
Da kommt dann jemand dorthin, möchte eigentlich seine körperliche Verfassung verbessern und wird dann von einer Person, die ein vermeintlicher Fachmann oder eine vermeintliche Fachfrau ist, dann eben mit solchen Angeboten abgespeist. Da geht man dahin, denkt, man macht das Richtige für sich, hat aber keine richtigen Ergebnisse und ist dann vielleicht irgendwann frustriert. Oder merkt oder stellt für sich fest: Das Training ist eigentlich gar nicht das Richtige für mich, obwohl es das Richtige ist. Nur man wurde eben falsch trainiert.
Ralf: Ich würde jetzt auch sagen, Fitness ist immer das Richtige.
Kevin: Ja klar, natürlich ist es das Richtige. Aber nur, wenn du es auch richtig machst. Und da sind wir eben bei dem springenden Punkt, dass eben leider, leider in vielen Fitnessstudios die Trainer nicht wissen, wie richtiges Training für diese Altersgruppe aussieht.
Ralf: Hm. Ja du hast ja auf der Fläche, wie man das so schön sagt, im Fitnessbereich relativ viel Erfahrung und auch dort viel schon gesehen und mitbekommen, was so an normaler Trainer-Leistung, respektive nicht Leistung, unterwegs ist.
Kevin: Leider ja. Das war ja auch der Beweggrund unsere Akademie zu gründen, um an dieser Situation was zu verändern. Aber das ist Zukunftsmusik, das wird noch etliche Jahre dauern.
Ralf: Und das glaube ich ja. Es sind einfach unglaublich viel Mythen unterwegs, wie eben auch der erste, den du gleich angesprochen hast. Dass man eben ruhig auch in höherem Alter härter trainieren darf. Ich halte es genauso, wenn teilweise Kunden ankommen und dann vom Arzt irgendwie die Info mit haben ja, aber maximal fünf Kilo.
Wo ich dann auch sage, entschuldigung, aber die normale Damen-Handtasche wiegt mehr. Also fünf Kilo ist eigentlich ein Witz-Gewicht. Mit dem brauche ich nicht trainieren, weil den trainiere ich im Alltag fürs Training und nicht im Training für den Alltag.
Kevin: Ja. Absolut.
Ralf: Ja. Dann habe ich noch eine ganz spezielle Frage. Kevin. Gibt es aus deiner Sicht irgendwelche Übungen oder Übungsgruppen oder Bewegungen, die du als als besonders wichtig empfindest? Oder hat das für dich alles irgendwo so einen gleichwertigen Stellenwert?
Kevin: Gleichwertig natürlich nicht. Es gibt Übungen, die sind sinnvoller und es gibt Übungen, die sind eben weniger sinnvoll. Und was zu den, aus meiner Sicht, wirklich sinnvollen Übungen gehört, sind, wenn man sie denn ausführen kann, eben so was, wie Kniebeugen, Kreuzheben. Oder dass man, wenn die Kraft dann irgendwann ausreichend ist, in Richtung Klimmzüge geht, was man natürlich auch mit zum Beispiel Widerstandsbändern machen kann, die das körpereigene Gewicht verringern durch den Zug nach oben. Das man die unterstützend einsetzt.
Oder dass man erstmal so was macht wie Lattichen an einer Maschine. Also alles, was diese Grundbewegungen angeht: Aufstehen oder etwas aufheben, etwas zu sich heranziehen, entweder von vorne nach hinten oder von oben nach unten und was von sich wegdrücken, also von hinten nach vorne oder eben von unten nach oben. So, das sind so diese Grundbedingungen, die jeder in seinem Training durchführen sollte.
Egal ob es jetzt erst mal mit einer Maschine ist, weil man vielleicht noch kein so gutes Körper empfinden hat, dass man diese Übungen frei mit kurz oder lang Hanteln ausführen kann oder ob das dann mit dem eigenen Körpergewicht ist. Wichtig ist, dass man diese Übungen macht und dass man sie so gestaltet, dass sie einen ausreichend intensiv fordern. Wo wir wieder bei dieser Thematik wären. Mach’s dir so schwer, dass du dann dementsprechend am Ende der Übung maximal 1 bis 3 Wiederholungen noch schaffst.
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Ralf: Ja, klingt cool. Du hast das kurz angesprochen. Jetzt gerade, wenn das noch geht, da hast du dann meinen nächsten Frage sozusagen schon vorgegriffen. Wie gehst du vor, wenn ein Kunde zu dir kommt? Du hast du arbeitest ja sehr, sehr viel mit 50plus Leuten. Wie gehst du vor, wenn ein Kunde zu dir kommt, der Schmerzen hat, jetzt beispielsweise von der Knie-Arthrose oder Schulterschmerzen oder irgendwas in die Richtung. Wie gehst du mit so jemand vor?
Kevin: Da schaue ich mir natürlich erst mal in der Anamnese an, was letzten Endes für Schmerzen da vorliegen, bzw. wodurch die vielleicht kommen. Was für Diagnosen gegebenenfalls stehen. Was Ärzte oder Physiotherapeuten im Vorfeld dazu gesagt haben. Ich schaue mir natürlich dann auch das ganze Drumherum an. Also das heißt, wie schläft die Person, raucht die Person, wie ernährt sich die Person? Weil das alles so Faktoren sind, die auf das Schmerzempfinden und die Schmerzwahrnehmung eine große Rolle spielen oder da mit einfließen.
Und schau dann eben, wenn wir jetzt so was wie Arthrose oder Arthritis haben, dass ich den Personen erst mal die Angst nehme und dann ja auch sage: Okay, wenn wir jetzt da jetzt einen Schmerz im Gelenk haben, den müssen wir jetzt erstmal so annehmen. Da können wir jetzt erst mal nichts dran ändern, jetzt akut. Aber durch das Training wird es besser werden.
Und wenn wir uns etliche Studien zum Thema Arthrose, Arthritis und Schmerz dann unter Berücksichtigung von Training anschauen, sehen wir hier, dass wir immer eine Besserung haben oder in der Regel immer eine Besserung. Immer darf man ja nicht sagen, weil wir sind ja keine Hellseher, aber das ist eben das, was wir sehen.
Wenn wir jetzt jemanden haben, der beispielsweise Schmerzen durch Arthrose oder Arthritis hat, und diese Person fängt an, Krafttraining zu machen, dass diese Schmerzen weniger werden. Das hat unterschiedlichste Gründe. Die jetzt auszuführen, würde wahrscheinlich den Rahmen des Podcasts sprengen. Abgesehen davon, gibt es im Bereich Schmerz-Forschung hier Personen, die da deutlich besser aufgestellt sind als ich. An die würde ich dann an dieser Stelle eher verweisen. Wäre vielleicht übrigens interessant. Da könnte ich dir ein paar Leute für die nächsten Podcast-Folgen empfehlen.
Ralf: Gerne.
Kevin: Um da mal weiter anzudocken dann.
Ralf: Hm. Ich hatte den Aljoscha schon mal da gehabt, Aljoscha Liebe, der da auch drinsteckt. Und ich freu mich aber da auch gerne, wirklich noch mehr andere Experten mit drin zu haben, weil das einfach ein Riesenthema ist. Aber danke auch auf jeden Fall noch mal für die Aussage. Auch wenn Schmerzen da sind, darf trainiert werden und der Schmerz wird durch Training tendenziell im Normalfall besser. Sofern das Training richtig gemacht wird.
Kevin: Genau das sind zwei Punkte durch das Training, was auf den Schmerz einwirkt, kann ich hier mal anführen. Nämlich Training an sich erhöht auf der einen Seite die Schmerz-Toleranz, das heißt die gleichen Schmerzen oder die gleiche Schmerz-Höhe wird später dann als nicht mehr so schmerzhaft wahrgenommen. Das ist eine Sache, wo sich Training positiv auf Schmerzen auswirkt.
Und die Höhe der Schmerz-Wahrnehmung wird heraufgesetzt. Das heißt, wenn man etwas hat, ist jetzt schwierig zu beschreiben, wenn man nicht weiß, wie man eine Schmerzhöhe misst. Ich versuche es mal mit einem ganz einfachen Test zu machen. Es gibt da eine witzige Studie, da wurde heißes Wasser genommen. Leute sollten ihre Hände dann in das heiße Wasser halten. Es wurde immer weiter erhitzt, bis zu einer gewissen Grad Zahl und die Leute sollten dann Bescheid geben, ab wann es ihnen weh tut, ab wann die Hand durch die Wassertemperatur zu schmerzen beginnt.
So, und dann hat man eben bei Kraft-Trainierenden und bei Ausdauer-Trainierenden festgestellt, dass diejenigen, die intensives Ausdauertraining machen, länger Schmerzen aushalten und dass diejenigen, die Krafttraining intensiv betreiben, egal welchen Alters, dass die erst höhere Temperaturen als schmerzhaft empfunden haben. Das heißt einfach, die gleiche Schmerzhöhe wird dann nicht mehr wirklich so schmerzhaft wahrgenommen oder erst später. Das heißt diese Alltagsleiden werden einfach kleiner. Die Wehwehchen nimmt man dann gar nicht mehr so wahr, wenn man regelmäßig Krafttraining macht.
Ralf: Kann ich aus aus Erfahrung von mir und von meinen Kunden bestätigen. Ist absolut korrekt so. Also Training hat einfach einen unglaublich vielfältig positiven Effekt. Wenn wir schon bei positiven Effekten sind, wir hatten ja ganz kurz schon schon vorgesprochen und du hast mir erzählt, dass du da gerne noch auch von dem ultra coolen Fall bei dir aus der eigenen Erfahrung berichten möchtest oder von deinen Trainierenden berichten möchtest. Ich denke, das wäre sicherlich auch spannend für die Zuhörer, dass das tatsächlich mal zu hören.
Kevin: Ja, da habe ich hier zwei schöne Geschichten mitgebracht. Einmal von einer Frau und einmal von von einem Mann. Und so, der erste Fall ist nämlich von der Melanie. Das ist eine Kundin von mir, ist auch 50plus und Geschäftsführer einer Firma. Und in ihrem Studio wurde ihr gesagt, sie sei zu alt für Krafttraining. Das würde nichts mehr bringen. So, das muss man sich erst mal auf der Zunge zergehen lassen.
Ralf: Spricht nicht für den Trainer. Ja.
Kevin: Aber na ja, das hat sie dann nicht auf sich sitzen lassen und ist dann über eine Empfehlung über einen anderen Kunden zu mir gekommen. Und dann haben wir eben angefangen zu trainieren. Haben geguckt, wo sie steht, was sie braucht, was ihre Vorstellungen sind. Und naja, jetzt in dem Personal-Training ist es dann so weit gekommen, dass sie nach einem Jahr im Kreuzheben, also für dich als Zuhörer, wenn du jetzt nicht weißt, was Kreuzheben sein sollte.
Stell dir vor, du hast eine Stange vor deinen Füßen liegen und du hebst diese Stange auf, also quasi wie du ein schweres Paket aufheben würdest. Und da hat diese Melanie dann nach einem Jahr im Personal Training fünf mal 80 Kilogramm gehoben. Und das ist etwas, was viele junge, trainierende Frauen in ihrem Training in der Regel nicht mal machen, geschweige denn schaffen. Und das fand sie dann immer so spannend, wenn sie dann diese hohen Gewichte im Training bewegt hat.
Und neben ihr waren jüngere Frauen oder auch jüngere Männer, die da trainiert haben. Die haben immer ganz erstaunt zu ihr rüber geguckt, was sie da für Gewichte bewegt. Anfangs hat sie sich das nie vorstellen können und später war das für sie so: Ja, ich mach das jetzt halt. Oder in der Presse, dass sie da 150 Kilo dann weggedrückt hat. Aber nicht nur diese Mini-Bewegung, wie viele das im Studio machen, sondern mal komplett runter, soweit wie es die Beweglichkeit zulässt und dann wieder komplett raus.
Ralf: Man hat dich nicht mehr genau gehört. Kevin. Da waren ganz kurze Aussetzer. 150 Kilo vermutlich, oder?
Kevin: Ja, genau 150 Kilo in der Presse.
Ralf: Ja, das ist schon schon ein hammer Wert. Aber es sind Zahlen, die ich durchaus aus meiner Erfahrung bestätigen kann. Ja auch, wie überrascht Leute sind, wenn sie auf einmal 60/70/80 Kilo vom Boden hochheben können.
Kevin: Ja, und dass es so ist, finde ich dann immer wieder so spannend. Da wird ihr auf der einen Seite gesagt: Ach nee, Krafttraining, bist du zu alt für. Lass das mal sein. Und dann aber solche Kraft-Werte zu entwickeln. Das finde ich schade, wenn Leute ins Studio gehen und solche Aussagen bekommen. Und ihnen wird dadurch, wenn sie das glauben, verwehrt, ihr eigenes Potential überhaupt zu entdecken und zu sehen, zu was sie eigentlich noch fähig sind.
Ralf: Ja vielleicht noch ganz kurz, weil du ja gesagt hast, war eine Frau eine Geschäftsführerin. Vielleicht könntest du unseren Zuhörern auch mal noch was dazu sagen, dass die Dame danach garantiert ausgesehen hat wie Arnold in seinen besten Zeiten.
Kevin: Natürlich. Also, Arnold wäre neidisch auf Sie gewesen. Also optisch hat sich in dem Jahr dann ein bisschen was getan. Also sie hat im Prinzip das Potenzial, was in ihr geschlummert hat an Kraft überhaupt erst mal freigesetzt. Aber sie hat da keine dicken Muskeln oder so was aufgebaut. Sie sah immer noch fraulich aus. Und ja, sie hat sich optisch nur zum Besseren entwickelt.
Also von daher, da braucht keiner Angst haben, dass er, wenn er jetzt mal als Frau so ein paar Gewichte hebt, dass die Muskeln da sofort explodieren. Das ist Quatsch. Das ist ein absoluter Mythos, wird niemals passieren. Und wenn doch, würde ich mir mal Gedanken machen, was der Trainer da heimlich in den Shake rein tut.
Ralf: Ja, das ist die größte Sorge, die ich immer hör, wenn Frauen neu anfangen mit trainieren: Aber ich will nicht zu viel Muskeln aufbauen.
Kevin: So, das wäre so schön, wenn das so leicht wäre. Wenn ich überlege, wie viel und wie hart ich dann trainiere, nur um so leichte Veränderungen irgendwann zu sehen. Ach ja, in der Anfangszeit war das schön, da ging so was noch ein bisschen schneller. Aber ja, wenn wir uns über 50plus unterhalten, das dauert schon ein bisschen länger dann.
Ralf: Ja. Dann hast du gesagt, du hättest noch einen Mann, von dem du uns was erzählen möchtest.
Kevin: Auf jeden Fall. Es ist zwar jetzt schon ein bisschen länger her, die Story, aber das war in einem Fitnessstudio, in dem ich gearbeitet habe. Das war jetzt kein Personal Training Klient, sondern einfach nur jemand, der dort im Studio trainiert hat. Walter hieß er und war zum damaligen Zeitpunkt ungefähr Mitte 70. Wenn sogar schon älter. Ich weiß es nicht mehr genau.
Auf jeden Fall war es so, er hat immer das gleiche Trainingsprogramm abgespult, hat immer mit seinen 15 Wiederholungen und mehr trainiert und er hätte am Ende dieser Durchgänge auch immer noch weitere 5 bis 10 Wiederholungen machen können. Also die Gewichte, die er verwendet hat, waren definitiv deutlich zu niedrig für das, was er hätte schaffen können.
Und was ich dann gesehen habe ist, dass er immer schwächer geworden ist, obwohl er ja ins Studio kommt und trainiert. Und das ist ja etwas, was eigentlich nicht passieren sollte, weil man geht ja ins Studio, um genau das Gegenteil zu erreichen, um entweder seine Leistung zu erhalten oder zu verbessern. Und irgendwann habe ich dann eben gesehen, wie er dann die Treppe im Studio hochkommt und er konnte sich ohne Unterstützung der Arme kaum noch die Treppe da hoch begeben.
Und dann habe ich ihn mal angesprochen, ob irgendwas passiert sei, ob er vielleicht irgendwie krank ist oder so. Da sagt er: Nee, das kommt halt so mit der Zeit, dass man die Kraft verliert und so und dann habe ich mir sein Training mal genauer angeguckt und hab gesagt: Weißt du was Walter? Komm, wir ändern jetzt was an deinem Training.
Und dann hat er anfangs natürlich erst mal Angst gehabt, als er dann den neuen Plan gesehen und hat gesagt Da bin ich doch viel zu alt. Wir haben das Training so umgestellt, dass wir mit fünf Wiederholungen in jeder Übung trainiert haben. Und ich habe mit ihm zusammen die Gewichte ausgetestet, sodass sie dann ausreichend hoch waren und der dann immer so maximal 1 bis 3 Wiederholungen am Ende eines Satzes noch geschafft hat.
Dann haben wir eben Ausfallschritt als Übung noch eingebaut, weil Ausfallschritt ja quasi als Übung das Pendant zum Treppensteigen sind. Und wenn du es schaffst, Ausfallschritt zu machen und so weit runterzugehen, dass dein Knie den Boden berührt und du kommst mit eigenem Körpergewicht dann wieder hoch, dann sind Treppen, die eine viel kleinere Teil Bewegung darstellen, für dich so oder so ein Klacks.
Also haben wir das dann eben mit eingebaut und innerhalb eines Monats ist er die Treppe da ganz entspannt wieder hochgekommen, ohne dass er sich auch nur ansatzweise am Geländer festhalten musste. Also er hatte anfangs wirklich Angst vor dem Training, weil ihm immer gesagt wurde: Ja, in deinem Alter nicht unter 15 Wiederholungen trainieren, das wäre schlecht für die Gelenke, schlecht für den Blutdruck. Und so weiter und so fort.
Und er hat sich nach diesem Monat besser gefühlt, weil er auch im Alltag gemerkt hat, dass ihm alles viel, viel einfacher fällt und er nicht mehr so stark auf die Hilfe anderer angewiesen ist, wie in den ganzen Jahren davor und dass innerhalb eines Monats.
Ralf: Na ja, durchaus beeindruckend. Aber auch kann ich aus eigener Erfahrung sagen, kein Einzelfall, so was geht wirklich und so was ist wirklich drin. Aber selbst, wenn es statt einem Monat, zwei dauern würde, wäre das ja auch noch keine Zeit.
Kevin: Eben. Aber jetzt permanent dadurch, dass ihm das mal eingetrichtert wurde, immer unterhalb seines Potenzials trainiert hatte, hatte er natürlich auch keinerlei Anpassungserscheinungen des Trainings. Das heißt er ist dort hingegangen. Er hat sich dadurch bewegt, was wieder besser ist, als wenn er gar nichts gemacht hätte.
Aber er hätte seine Zeit in den letzten Jahren dort viel viel sinnvoller nutzen können. Und dann wäre es vielleicht auch nie an diesen Punkt gekommen, dass er ohne Hilfe oder bzw. ohne dass er sich am Geländer hochziehen muss, diese Treppe hätte hochkommen können.
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Ralf: Also du hast es vorher noch ganz kurz das Stichwort fallen lassen. Blutdruck, Bluthochdruck, auch so eine typische 50plus Geschichte. Wie ist da deine Meinung dazu? Irgendwas besonderes beachten, wenn man trainiert oder alles normal laufen lassen?
Kevin: Also was das Thema angeht, haben die meisten auch zu viel Angst, denn, wenn wir uns anschauen, was beim Training passiert, da hast du natürlich Blutdruck-Spitzen, das ist völlig normal bei einem. Bei jemandem der gar keine Bluthochdruck-Problematiken hat, ist das alles gar kein Thema. Wenn jetzt jemand schon eine lange Geschichte oder bzw. Historie mit Blutdruck-Problemen hat, dann sollte man beim Training aufpassen, dass man Press-Atmung erst mal vermeidet.
Also das heißt, dass man nicht einatmet, die Luft anhält und dann drückt, sondern schauen, dass man beim Drücken ausatmet und beim Absenken des Gewichts einatmet. Das ist natürlich für manche Übungen ein bisschen unvorteilhaft, also was Kniebeugen oder Kreuzheben angeht. Weil wir durch das Luft anhalten und Anspannen des Bauches dann Stabilität und Festigkeit oder Steifigkeit in der Wirbelsäule generieren wollen.
Aber jegliches Training, was wir in der Hinsicht machen, sorgt natürlich auch wieder für eine Verbesserung der Blutdruck-Problematik. Natürlich nicht von heute auf morgen, sondern langfristig. Und wer hier Probleme mit dem Blutdruck hat, der sollte so oder so nicht nur das Krafttraining betreiben, sondern auch auf jeden Fall das Ausdauertraining. Und hier dann dementsprechend schauen, dass man nicht nur lockeres Ausdauertraining macht, sondern auch sich dort in etwas intensivere Belastungsbereiche hinein wagt.
Weil wir dann hier sehen bei etwas intensiveres Ausdauertraining, wir reden jetzt nicht von Sprints oder so was, aber generell etwas intensiver, dass der Puls auch noch mal ordentlich hochgeht. Dass die Anpassungen des Blut, des Blutdrucks oder bzw. des Herz-Kreislauf-Systems schneller sind, als wenn wir nur dieses langsame Training machen und lockere Training, was sich dann über 45, 60 oder 90 Minuten hinzieht.
Also definitiv hier beim Krafttraining, wenn man akut Probleme mit dem Blutdruck hat, schauen, dass man erstmal die Atmung vermeidet, aber trotzdem intensiv trainiert und beim Ausdauertraining darauf setzen, hier auch intensiver zu trainieren.
Ralf: Ja cool. Yes. Wir sind schon wieder über 30 Minuten dabei. Total viel Spannendes und total viele Infos, inklusive zerstörter Mythen und anderes. Ich find’s total cool. Was hast du noch auf dem Herzen, Kevin? Über was haben wir noch nicht gesprochen? Was habe ich vergessen zu fragen?
Kevin: Das ist eine gute Frage. So spontan könnte ich das, glaube ich gar nicht sagen. Aber ich denke, eine Sache kann ich jedem mit auf den Weg geben. Nämlich einfach mal zu machen. Weniger sich Sorgen zu machen oder Gedanken zu machen, was passieren könnte. Unser Körper ist so leistungsfähig, so robust und einfach mal zu gucken, was steckt da noch in mir, was kann ich noch aus mir rausholen und einfach auch mal lernen, im Training an seine Grenzen zu gehen.
Denn der Körper wird es dir definitiv danken und er wird dich mit einem gigantischen Lebensgefühl über die nächsten Wochen, wenn du das tust oder über die nächsten Monate mit einem gigantischen Lebensgefühl dafür belohnen. Also es lohnt sich, im Training zuzupacken und auch mal so ein bisschen da die Sau rauszulassen.
Ralf: Ja, toll. Toll gesagt, Kevin. Vielen, vielen Dank. Also, Leute, fangt an, was zu tun. Ich kann das nur unterstützen und bestätigen. Ich werde auch auf jeden Fall den Link zum Kevin seiner Homepage unten in den Shownotes verlinken, dass ihr ihn direkt kontaktieren könnt, wenn ihr etwas wissen wollt. Ansonsten freuen wir beide uns, sage ich jetzt mal über spezifische Fragen, falls die jetzt aufgetaucht sind.
Wenn ihr irgendwas wissen wollt zu einer speziellen Problematik oder wenn wir jetzt beide nicht dran gedacht haben, über einen bestimmten Punkt zu sprechen, der dir wichtig wäre. Und dann hoffe ich, dass ich den Kevin dazu überreden kann, hier einfach mal wieder in den Podcast zu kommen und dann direkt auf solche spezifischen Punkte und Fragen vielleicht auch einzugehen, soweit das überhaupt möglich ist.
Von meiner Seite aus vielen, vielen Dank, Kevin. Und wie sich das so ordentlich gehört: Du hast als Gast natürlich noch das aller, aller allerletzte Wort.
Kevin: Ja, erst mal vielen lieben Dank. Ich freu mich auf jeden Fall, dass ich hier heute dabei sein durfte. Und ich denke, mit dem, was ich zuvor gesagt habe, habe ich mein letztes Wort eigentlich schon gesagt. Also ja, das heißt einfach nur beim Training Gas zu geben und die neue Lebensqualität, die man sich damit erarbeitet, dann zu genießen.
Da möchte ich auch gerne abschließen und freue mich natürlich auch, wenn es vielleicht noch mal eine zweite Runde geht. Und was die Fragen angeht: Wenn da was kommt, nehme ich mir gerne die Zeit, das alles zu beantworten. Also viel im Dank, dass ich mit dabei sein durfte, Ralf.
Ralf: Danke, Kevin. Tschüss. Und in dem Fall, sage ich: Bis zum nächsten Mal.
Kevin: Ich danke dir. Bis dann.
Das war der 50 plus und drunter Podcast. Wenn es dir gefallen hat, abonniere jetzt und hinterlasse einen Kommentar.
Alle weiteren Infos zur Folge findest du in den Shownotes.
Ralf Gabler erreichst du unter ralfgabler.de. Er freut sich, von dir zu hören. Bis zum nächsten Mal.